Die AfD möchte am 22./23. April 2017 in einem großen Kölner Hotel ihren ordentlichen Bundesparteitag abhalten. Verschiedene (linksradikale) Initiativen und einige Karnevalsfunktionäre wollen das verhindern. Die Stimmung kocht, es kommt zu Morddrohungen gegen Mitarbeiter des betreffenden Hotels. Die Kölner AfD-Fraktion hat in einem offenen Brief an die Karnevalsgesellschaften unter dem Motto „Irgendwann ist auch gut!“ zur Mäßigung aufgerufen. Karnevalsgesellschaften und -funktionäre sollten sich nicht derart einseitig zu Themen äußern, während sie zu tatsächlich bedenklichen Entwicklungen wie ein zunehmendes Unsicherheitsgefühl bei Frauen auf öffentlichen Straßen und Plätzen oder die Tatsache, dass Karnevalszüge nur noch hinter Betonpfeilern und unter massivem Polizeischutz stattfinden können, schweigen. Außerdem solle der Karneval nicht für „verfrühten Wahlkampf“ missbraucht werden.

Achim Kaschny, Präsident der Karnevalsgesellschaft „Schnüsse Tring 1901 e.V.“ und Funktionär der SPD, antwortete in einem offenen Brief an die AfD. Im Folgenden wird dieser für Sie zerlegt:

Sehr geehrter Herr Beckamp,
ich finde Ihr Schreiben vom 9. Februar 2017 an mich in meiner Funktion als Präsident einer Kölner Karnevalsgesellschaft abscheulich

[sic!]

Sehr geehrter Herr Kaschny,

Sie sparen zwar an Satzzeichen, jedoch kaum an drastischem Vokabular. Ob unser offener Brief abscheulich war, darf der geneigte Leser selbst beurteilen. Manch einer schauert vor Horrorfilmen oder blutigen Splatterstreifen. Derart emotionale Ausbrüche anhand eines Briefes sind dann doch etwas sonderbar. Aber es muss die höchste Empörungsstufe herangezogen werden, um im Empörungsgewitter überhaupt noch gehört zu werden – darunter geht es wohl nicht mehr.

Es ist nicht mehr auszuhalten, wie Sie die Adressen der Karnevalspräsidenten für ihre [sic!] Propaganda nutzen. Sie schreiben selbst, „wir freuen uns auf einen fröhlichen und friedlichen Straßenkarneval in unserer Stadt, ohne einen verfrühten Wahlkampf! Denn irgendwann ist auch gut mit Politik“. Und zwei Sätze vorher preisen Sie ihr eigenes Wahlprogramm an.

Es geht lediglich um Inhalte. Die wir bei Ihnen nicht finden. Oder was setzen Sie uns entgegen, außer einer Kanonade an abgedroschenen Floskeln?

Sie missbrauchen die Plattform der Karnevalisten für ihre Werbezwecke. Und schreiben dann, sie stehen für öffentliche Diskussionen, persönliche Gesprächen und Kneipenbesuche zur Verfügung. Das sind Mittel eines Wahlkampfes, nicht des Kölschen Karnevals. So etwas hat Deutschland schon einmal ertragen müssen – wir wollen es kein zweites Mal !! [sic!]

Nein, Herr Kaschny, wir wollten als Partei nur einen ordentlichen – parteirechtlich sogar vorgeschriebenen – Bundesparteitag in einem großen Hotel durchführen. Es waren, neben linksradikalen Initiativen, vereinzelte Karnevalsbands und -funktionäre, die diesen völlig normalen Vorgang erst skandalisiert haben. Offenbar, um politisch Stimmung zu machen. Da hilft es auch nicht mehr, wenn Sie übermäßigen Gebrauch von Satz- und Leerzeichen machen, wo überhaupt keine hinkommen. Im Übrigen, Herr Kaschny, sollten Sie sich mal an die eigene rote Nase fassen. Sie sind Funktionär der SPD. Was Sie hier betreiben ist die Diskreditierung eines politischen Mitbewerbers im Sinne Ihrer Parteiführung – was in der politischen Arena völlig legitim wäre. Aber unter dem Deckmantel eines Karnevalspräsidenten?  Und was hat Deutschland Ihrer Meinung nach schon einmal ertragen müssen? Karnevalspräsidenten mit Parteibuch, die rheinischen Frohsinn mit Politik vermengen und sich einem Establishment andienen? Sie spielen auf die besonders dunklen Jahre unserer Geschichte an? Obacht, wer im Glashaus sitzt!

Sie schüren in Ihrem Schreiben die Angst der Menschen, sich auf öffentlichen Plätzen zu bewegen. Genau das können wir im Karneval nicht gebrauchen, weil wir friedlich und freundlich feiern wollen.

Nein, wir schüren keine Angst, sondern verweisen lediglich auf eine Umfrage von Infratest Dimap. Durch das Wiedergeben einer Befragung erzeugen wir keine Ängste, sondern präsentieren nur empirisch fassbare Fakten. Sie tun so, als würden in Köln oder Düsseldorf keine LKW-Fahrverbote zu Karneval diskutiert werden. Als würde der Karnevalszug nicht durch Betonpfeiler geschützt, um Terroranschlägen vorzubeugen. Als könnten öffentliche Veranstaltungen wie zuletzt die Silvesterfeier am Dom nicht nur noch unter massivem Polizeiaufgebot stattfinden. Als hätte es massenhafte sexuelle Übergriffe in zahlreichen deutschen Städten im Zuge einer unregulierten Massenzuwanderung von jungen Männern aus fremden Kulturkreisen niemals gegeben. Auch wenn Sie erklären, sowas „können wir im Karneval nicht gebrauchen, weil wir friedlich und freundlich feiern wollen“: Diese Realitäten lösen sich nicht einfach in Luft auf, weil Sie sie nicht „gebrauchen“ können.

Sie sprechen speziell die Angst der Frauen an. Ja, sie haben recht, unsere Frauen haben Angst. Angst davor, dass eine solche braune Soße, wie sie Herr Höcke verbreitet, Deutschland wieder in Angst und Schrecken versetzt.

Hätten Sie auch eine Studie, die belegt, dass Frauen besonders Angst vor Herrn Höcke haben? Im Übrigen: Dieser ist auch in unserer Partei umstritten und repräsentiert nur einen Flügel unter knapp 26.000 Mitgliedern. Aber Sie inszenieren gleich Szenarien der Angst und des Schreckens. Sie sind wahrlich ein Dramatiker. Oder Ihr Brief wurde noch hastig nach der letzten feuchtfröhlichen Karnevalssitzung verfasst. Das würde natürlich einiges erklären.

Sie missbrauchen in Ihrem Schreiben Karnevalsgesellschaften, Musikgruppen, Redner und Tanzgruppen. Lassen Sie das, wir Kölner brauchen Sie nicht!

Wo missbrauchen wir in unserem Schreiben Karnevalsgesellschaften, Tanzgruppen etc.? Wir kritisieren lediglich eine gewisse Wahrnehmungsschwäche hinsichtlich gesellschaftlicher Realitäten, gepaart mit billigem Opportunismus zur Image-Pflege.

Sie schreiben im Betreff „Irgendwann ist auch gut!“. Sie haben recht, gut ist dann, wenn es Ihre Bewegung nicht mehr gibt!! [sic!] Ich weiß, dass ich damit der weit überwiegenden Mehrheit aus dem Kölner Karneval aus dem Herzen spreche.

Bitte instrumentalisieren Sie nicht alle Kölner – das gehört sich nicht. Viele AfD-Mitglieder und Wähler engagieren sich im Karneval. Wir bezweifeln, dass ein hochrangiger Parteibuch-Funktionär wie Sie für alle sprechen kann. Entschieden wird an der Wahlurne, nicht in der SPD-Geschäftsstelle.

Ich untersage Ihnen hiermit, meine Adresse noch einmal zu nutzen und erwarte, dass Sie diese aus Ihren Verzeichnungen streichen.

Ihre Erwartungen werden in doppelter Hinsicht nicht erfüllt.

Kölle Alaaf!
Roger Beckamp

P.S.: Sehen Sie passend hierzu auch unseren Vlog zum Thema!