Sehr geehrte Damen und Herren,

sehr geehrter Herr Fasel,

vielen Dank für Ihr engagiertes Schreiben vom 22. Juli 2015 an Herrn Oberbürgermeister Jürgen Roters, das Sie mir in meiner Eigenschaft als Ratsmitglied bzw. Fraktionsvorsitzender der AfD im Kölner Rat ebenfalls haben zukommen lassen. Ihnen geht es um die Würdigung der Lebensleistung von Pfarrer Johann Peter Goerges und schlagen vor, einen Rad- und Fußweg gegenüber der Pfarrkirche in „Pfarrer-Goerges-Weg“ zu benennen.

Sie begründen dies insbesondere mit dem in Ihrem Schreiben hervorgehobenen Satz im Lebenslauf von Pfarrer Goerges:

So ist es das außerordentliche und große Verdienst von Pfarrer Goerges, dass er mit Umsicht und kluger Hand die Pfarrgemeinde St. Mariä Himmelfahrt sicher durch zwei Weltkriege führte.

Der von Ihnen dargestellte Lebenslauf und der in dem vorstehenden Satz genannte Verdienst von Pfarrer Goerges nötigt Respekt ab und es steht dem Rat der Stadt Köln, der Bezirksvertretung und allen Beteiligten gut zu Gesicht, ein kleines Zeichen zur Erinnerung an diesen Mann zu setzen.

Bei diesen zustimmenden Worten zu Ihrem Anliegen könnte ich es belassen, wenn nicht am Ende Ihrer chronologischen Darstellung für den Zeitraum 1944-1948 Begriffe und nahe liegende Interpretationen vorlägen, wie sie seit einigen Jahren bedauerlicherweise so oft, und ich vermute nicht immer beabsichtigt, vorkommen. Erlauben Sie mir daher folgenden Hinweis, der vielleicht die Schreiber Ihres Briefes etwas zum Nachdenken anregt. Sie schreiben:

Am 15. Oktober 1944 wurde bei einem Luftangriff das Innere der Kirche durch einen Bombentreffer im östlichen Querschiff völlig verwüstet. Fortan fanden die Gottesdienste im Pfarrsaal statt.

Nach der Befreiung unseres Stadtteils am 13. April 1945 durch amerikanische Truppen begann unter Leitung von Pfarrer Goerges und mithilfe der opferbereiten Gemeinde die Wiederherstellung der Pfarrkirche.

Sie stellen den Bombentreffer recht neutral dar, im Grunde wie ein Naturereignis. Der tatsächliche Zusammenhang massiver jahrelanger und vor allen Dingen gezielter Bombardierungen von Wohnvierteln durch alliierte Luftverbände wird daraus nicht deutlich. Dies wäre gar nicht weiter bemerkenswert bzw. bedenklich, wenn sie nicht im anschließenden Satz völlig undifferenziert auch noch von einer „Befreiung unseres Stadtteils … durch amerikanische Truppen“ schrieben.

Ich frage mich, ob Pfarrer Goerges dies damals genauso gesehen und so geschrieben hätte? Hätte er nicht einen anderen Begriff gewählt, auch heute noch, etwa „Einnahme unseres Stadtteils“? Hätte er nicht unmissverständlich ausgesprochen, was damals auch passiert ist?

Denn allzu viele wurden ab April 1945, wie zuvor bereits schändlicherweise im deutschen Namen, befreit von ihrer angestammten Heimat, von ihrer körperlichen Unversehrtheit und auf vielfältige Weise von ihrem Leben, ihrer Freiheit und Würde. Hätte Pfarrer Goerges nicht auch gesprochen und geschrieben von Flucht und Vertreibung, vom militärisch sinnlosen Bombenterror der Alliierten, Straf- und Todesslagern der Sowjetunion und des früheren Ostblocks oder gerade auch vom tausendfachen Tod in amerikanischen Gefangenenlagern wie den Rheinwiesen?!

Wir sollten von uns, von anderen und dabei vor allem von der Politik und der Presse ein bisschen mehr Anteilnahme, Empathie, Mitgefühl, gedankliche Beschäftigung mit den eigenen Landsleuten erwarten und deren millionenfaches Schicksal würdigen. Ist es denn immer die schnell beschworene und so verwerfliche angebliche Relativierung, wenn wir beim Blick auf unzweifelhaft von uns verursachtes Leid nicht auch das Mitgefühl für unsere eigenen Landsleute erhalten und es in geeigneter Weise ausdrücken? Das Wort „Befreiung“ alleine trifft es jedenfalls nicht.

Mit freundlichen Grüßen

Roger Beckamp

Ratsmitglied und Fraktionsvorsitzender der AfD im Kölner Rat

Beckamp_w