Frau Oberbürgermeisterin!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag auf eine Aktuelle Stunde vermengt ein wenig die Fälle von Kaufhof und Ford, obwohl sie kaum vergleichbar sind. Ich will mich deshalb an der Stelle heute mit Ford beschäftigen.
Eines vorweg: Natürlich ist die Krise bei Ford nicht auf eine einzelne Ursache zurückzuführen,
und natürlich sind die Probleme, die Ford hat, zum Teil auch auf das eigene Management zurückzuführen. Wenn aber die Existenz von 4 000 Kölnern bedroht ist, ja sogar der Fortbestand des
derzeit noch größten privatwirtschaftlichen Arbeitgebers in Köln, ist das ein Thema, das hier
auf die Agenda gehört. Es sind eben nicht nur Managementfehler, die zur Krise beigetragen
haben. Immerhin bei Herrn Görzel habe ich gerade zumindest Spurenelemente von Selbstkritik
gehört; denn es ist ein skandalöses Politikversagen der Umwelt-, der Wirtschafts-, der Energieund der Verkehrspolitik, das hier auch eine Rolle spielt. Unsere Stadt ist an dieser Stelle leider ganz vorn mit dabei.
Wir haben hier kein reines Ford-Problem. VW baut 5 000 bis 7 000 Stellen ab, Audi 5 000,
Daimler hat schon im letzten Jahr 2 500 Stellen gestrichen, und Opel macht ganze Werke zu.
Das ist kein Zufall, meine Damen und Herren.
Das ist das Ergebnis Ihrer katastrophalen Industriepolitik. Sie sägen damit an dem Ast, auf dem
wir alle sitzen. Und dann tun Sie auch noch so, als würden Sie dabei die Welt retten.
Über 800 000 Menschen arbeiten für die deutsche Automobilindustrie und ein Vielfaches an
Arbeitsplätzen hängt mittelbar daran. Sie ist eine der letzten Branchen, in denen unser Land noch
führend ist. Etwas Neues kommt seit Jahrzehnten kaum noch hinzu. Warum auch? – Niemand
mit ökonomischem Sachverstand wird in das Land der Rekordstrompreise, der wuchernden
Umweltbürokratie, der bröckelnden Infrastruktur, der hohen Steuern und der Datennetze auf albanischem Niveau investieren. Das Wenige an Industrie, was uns verblieben ist, ekeln Sie jetzt mit
aller Gewalt aus dem Land. Sie lassen sich eben in Ihren politischen Entscheidungen lieber von
16-jährigen Schwedinnen leiten als von ökonomischem Sachverstand.

(Beifall bei der AfD – Marion Heuser
[Bündnis 90/Die Grünen]: Was soll das denn für ein dummer Schwachsinn sein?)
Und dann predigen Sie Ihr Evangelium etwa von der sogenannten Elektromobilität. Das steht heute auch wieder gefühlt zwanzigmal auf der Tagesordnung. Dabei ist diese Technik alles andere als ausgereift, und es ist mehr als fraglich, ob sie jeweils marktfähig wird. Die Akkutechnologie
kommt trotz massiver Subventionen seit Jahren nicht voran. Die Rohstoffe sind knapp und werden unter menschenunwürdigen Bedingungen und massiven Umweltverschmutzungen gewonnen. Wo soll überhaupt der Strom herkommen? Aus Atomkraftwerken in Frankreich und Belgien? Und mit welchem Netz? – Das wirtschaften Sie auch seit Jahren herunter.
Bezeichnenderweise ist inzwischen die Stadt Köln, die Stadtverwaltung, der größte Arbeitgeber. Wir werden wie Berlin. Herr Petelkau hat es gerade erzählt: Das soll noch weiter ausgebaut
werden. Meine Damen und Herren, wir können aber nicht davon leben, dass wir uns gegenseitig
verwalten.
Konrad Adenauer holte Ford 1929 mit intensivem Einsatz in unsere Stadt. Generationen von Kölnern sind dank seines Engagements mit den Ford-Werken verbunden. Gemessen daran ist Ihr
aller Einsatz für den Standort geradezu beschämend. Im Epizentrum der Kölner Kommunalpolitik, dem Wirtschaftsausschuss, wird eine oberlehrerhafte Resolution, frei von jeglicher Selbstkritik, verabschiedet. Ja, hier im Rat wäre es nicht einmal Thema, wenn wir es nicht auf die
Tagesordnung gesetzt hätten. Daran ändert auch nichts, dass Sie jetzt noch schnell kurz vor
Feierabend eine Resolution nachschieben, Herr Petelkau. Zudem geht die Spätnachfolgerin Adenauers tagelang auf Tauchstation. Vielleicht mussten irgendwo neue Lastenfahrräder eingeweiht werden; ich weiß es nicht. Über die Presse lässt sie ihre Enttäuschung verlautbaren und bequemt sich erst nach massiver Kritik der Arbeitnehmervertreter zu einem Gespräch mit den Betroffenen. Ja, ich weiß, der kommunale Handlungsspielraum ist an dieser Stelle begrenzt, aber sonst drehen Sie doch auch gern das große bundespolitische Rad und schreiben Briefe an die Kanzlerin, Frau Reker. Wo ist dieses Engagement, wenn es um die Ford-Arbeiter geht?
Sind sie weniger wert?
Oberbürgermeisterin Henriette Reker: Wie gut, dass Ihr Vorstellungsvermögen die Realität nicht erreicht.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und dem Bündnis 90/Die Grünen)
Sven Werner Tritschler (AfD): Frau Reker, mein Verständnis von der Geschäftsordnung ist, dass Sie die Sitzung leiten und nicht die Redner unterbrechen. Aber vielleicht lassen wir das mal anwaltlich prüfen.

(Zurufe: Oh!)
Wo ist dieses Engagement, wenn es um die Ford-Arbeiter geht? Sind sie weniger wert, weil
sie Autos bauen? – In Wahrheit sind Ihnen die Menschen dort egal. Sie weihen lieber neue
Radspuren ein und sonnen sich im Glanz Ihres vermeintlich guten Tuns. Die AfD jedenfalls wird
weiterhin für den Industriestandort Deutschland und ebenso für den Automobilstandort Köln auf
allen Ebenen und mit Nachdruck kämpfen. Darauf können Sie sich verlassen, meine Damen
und Herren.

(Beifall bei der AfD)