Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
sehr geehrte Damen und Herren,
die AfD-Fraktion im Rat der Stadt Köln bittet Sie, folgenden Antrag auf die Tagesordnung der kommenden Ratssitzung aufzunehmen:
Beschluss:
Der Rat bittet die Verwaltung der Stadt Köln, Vorbereitungen zu treffen für
1. die Aufstellung von Gedenktafeln in einem einheitlichen Format an den noch erhaltenen Befestigungsanlagen des ehemaligen inneren und äußeren Festungsrings (hier auch „Festungssystem“ genannt) aus dem 19. und frühen 20.
Jahrhundert.
Die Tafeln sollten
a. ein einheitliches Emblem enthalten, aber
b. einen auf das einzelne Objekt bezogenen Text, in dem u. a. dessen Stellung und Funktion im Gesamtsystem erklärt wird,
c. eine Möglichkeit bieten, weiterführende Informationen im Internet zu finden und
d. Weghinweise auf in der Nähe gelegene verwandte Objekte geben (ggf. unter Einbeziehung der existierenden GPS-Dateien der Stadt und Material der Stiftung Kölner Grün).
2. Der Prüfung folgender Maßnahmen:
a. der Aufstellung von Schildern im oben beschriebenen Format an Orten ehemals wichtiger Bestandteile des Festungssystems, von denen aber keine Spuren mehr sichtbar sind,
b. der Ergänzung von existierenden Straßenschildern, sofern sie Verweise auf das Festungssystem enthalten mit kurzen Erklärungstexten und
c. der Beschilderung von Gebäuden oder Ruinen, die man aus heutiger Sicht leicht fälschlich den Festungsringen zuordnen kann. Die dabei verwendeten Tafeln sollten sich schon in ihrem Format von den unter (1) erwähnten unterscheiden.
Die eigentliche Anbringung der Schilder und Texttafeln sollte im Jahr 2020 beginnen. Die Wahl des Zeitraums wird weiter unten begründet.
Begründung:
Im Jahr 2020 wird der Beginn eines gravierenden Vorgangs in der Kölner Stadtgeschichte und der deutschen Geschichte im allgemeinen ein ganzes Jahrhundert zurückliegen:
Der Anfang der systematischen „Entfestigung“ der die Stadt umgebenden Festungsringe mit ihren Forts, Zwischenwerken, Depots und sonstigen Bauwerken. Das System der Befestigungen zählte um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zu den europaweit bedeutendsten Anlagen seiner Art. „Entfestigung“ bezeichnete die Sprengung, den Abriss oder die Beseitigung militärisch wichtiger Teile der Bauwerke. Sie war im
Versailler Vertrag dem Deutschen Reich auferlegt worden und kam um 1925 offiziell zu einem Abschluss.
Die Schicksale der verbliebenen Gebäude waren sehr unterschiedlich. Sofern die Bauwerke nicht inzwischen abgetragen wurden, dienen sie heute so unterschiedlichen Zwecken, dass manch ein Objekt gar nicht mehr als ehemaliger Bestandteil der Festungssystems zu erkennen ist.
Hatten die insgesamt ca. 200 Bauwerke das Bild der Stadt und das Bewusstsein ihrer Bürger lange Zeit entscheidend mitgeprägt, so ist heute das Wissen um das Ausmaß und die Bedeutung des gesamten Befestigungssystems weitgehend verloren gegangen. Fast jeder kennt zwar noch Überreste einzelner Forts, aber nur sehr wenige haben eine Vorstellung vom Gesamtsystem und seiner historischen Bedeutung.
Ein solches Bewusstsein aber ist wichtig für das Verständnis der Geschichte der Stadt, insbesondere im Kontext der deutsch-französischen Beziehungen. Das Schicksal der Festungsringe spiegelt ein Stück des wechselvollen Verhältnisses zum Nachbarland wider.
Die Beziehungen waren lange durch Feindschaft, später aber durch Zusammenarbeit geprägt und lassen erst neuerdings in der Krise der EU-Institutionen wieder Anzeichen einer Entfremdung erkennen. Wegen der wieder wachsenden Bedeutung des Verhältnisses zu Frankreich in der nach dem „Brexit“ verbleibenden EU ist ein Wissen um die gemeinsame Geschichte auch in breiteren Bevölkerungskreisen besonders wichtig geworden. Das Jahr
2020 könnte so für Köln im Zeichen einer Art Koinzidenz historischer Erinnerung und aktueller Diskussion der europäischen Krise stehen.
Unser Antrag verfolgt das Ziel, dem Betrachter der fragmentarischen Überreste des Festungssystems die Möglichkeit zu geben, sich eine Vorstellung seiner Gesamtheit zu erarbeiten. Dazu sollen die unter (1) beschriebenen Informationstafeln dienen, die im Gegensatz zu den vereinzelt schon vorhandenen Schildern durch ihr einheitliches Emblem und Format unmittelbar einen Bezug zum Gesamtsystem erkennen lassen, auch an entlegenen Orten und stark veränderten oder verfallenen Bauwerken.
Diesem Anliegen dient auch die Beschilderung von Standorten ehemals bedeutsamer, aber nicht mehr existierender Anlagen (2b).
Die unter (2c) beschrieben Kennzeichnung von Bauwerken oder Ruinen, die man leicht fälschlich für ehemalige Bestandteile des Systems halten kann (z. B. Bunker, die erst im II. Weltkrieg gebaut wurden) soll nicht nur die historische Einordnung, sondern auch die örtliche Umschreibung der Festungsringe erleichtern, wenn auch nur indirekt. Deshalb schlagen wir für die dabei verwendeten Tafeln eine eigene Gestaltung vor, die sich deutlich von der unter (2a) genannten abhebt.
Nur wenige Straßennamen in Köln lassen unmittelbar einen Bezug zum alten Festungssystem erkennen. Ein solcher besteht aber de facto in wesentlich mehr Fällen, so häufig dann, wenn der Name auf „Ring“ endet oder heute ungebräuchliche Ausdrücke enthält. Zur Aufklärung solcher Sachverhalte wurde oben der Punkt (2b) angeführt. Die
Gestaltung der vorgesehenen Hinweise sollte dabei selbstverständlich dem bereits existierenden Modus folgen, nicht unter (2a) beschriebenen Standardformat. Wir betonen, dass die Verwirklichung unseres Antrags angesichts der enormen historischen Bedeutung der beiden äußeren Kölner Festungsringe nur eine Minimallösung im Hinblick auf
die Würdigung des Gegenstandes und die o. g. zeitliche Koinzidenz von Erinnerung und aktueller politischer Auseinandersetzung sein kann. Angesichts der Aufwendungen für andere historisch bedeutsame Objekte in der Stadt und der großen Finanznot der Stadt haben wir uns für eine Lösung entschieden, die mit einem Minimum an personellem und finanziellem Aufwand ein Maximum Möglichkeiten zur Informationsfindung für
Interessierte bieten soll. Er sieht deshalb keine (naturgemäß aufwendigen) Rekonstruktionen an Gebäuderesten vor.
Für die Durchführung des Projekts würde ein Bruchteil der Mittel ausreichen, wie sie etwa für die Renovierung von Oper und Schauspielhaus sowie der Kölner Museen angefallen sind bzw. erforderlich sein werden. Dennoch sollte der Plan als Ergänzung bestehender oder geplanter konservatorischer Maßnahmen, keinesfalls jedoch als Ersatz für den Erhalt denkmalgeschützter Substanz verstanden.
gez. Wilhelm Geraedts
(Fraktionsgeschäftsführer)
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